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Zur Einstimmung auf die Frankfurter Buchmesse:
Marco Balzano im Gespräch über ›Café Royal‹

In seinem neuen Buch Café Royal erzählt Marco Balzano von der Entstehung eines Begegnungsortes und einer zarten Gemeinschaft zu Zeiten der Pandemie im Jahr 2020. In der Via Marghera mitten in Mailand wird das Café Royal zu einem einzigartigen Mikrokosmos, der Hoffnung gibt und dem Leben Leichtigkeit verleiht.

Wir freuen uns sehr, Marco Balzano in wenigen Tagen als Teil der italienischen Delegation auf der Buchmesse willkommen zu heißen. Am 17. und 18. Oktober wird er am Diogenes Stand (Halle 3.1, Stand E17) zu treffen sein. Wir haben mit dem Autor über sein neues Buch gesprochen und ihn gefragt, was ihm der diesjährige Messe-Auftritt als Teil der italienischen Delegation bedeutet. Das Kurzinterview gibt es hier zu lesen – eine großartige Einstimmung auf die Frankfurter Buchmesse!

Zur Übersicht der Termine mit dem Autor auf der Buchmesse geht es hier.

Interview mit Marco Balzano

Italien ist Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse und Sie als Teil der italienischen Delegation vor Ort. Was bedeutet Ihnen der Messe-Auftritt? Worauf freuen Sie sich am meisten?
Die Buchmesse ist ein bedeutendes Ereignis für einen Schriftsteller, deshalb fühle ich mich von der Einladung geehrt. Uns italienischen Autoren bietet sie Gelegenheit, allen, die mit Büchern und dem Verlagswesen, mit Kultur und Bildung zu tun haben, deutlich zu machen, dass sich das Klima in Italien radikal ändern muss: hin zu Freiheit und Offenheit, weg von Zensur und Einflussnahme. Als italienische Autoren fordern wir daher, in Frankfurt auch mit ausländischen Kolleginnen und Kollegen in den Dialog zu treten und nicht nur untereinander, das können wir ja mühelos zu Hause. Aber natürlich ist die Messe auch eine Gelegenheit, meiner Leserschaft aus der ganzen Welt und besonders aus Deutschland zu begegnen, die mir große Wertschätzung und Zuneigung entgegenbringt. Und ich habe die Möglichkeit, die dauerhafte und tragfähige Beziehung, die mein deutschsprachiger Verlag und ich aufgebaut haben und über die ich mich außerordentlich freue, zu festigen und die weiteren Schritte zu besprechen.

Ihr neuer Roman, mit dem Sie nach Frankfurt kommen, ist ein Gesellschaftspanorama und ein Reigen aus vielen verschiedenen Erzählperspektiven, vom Arzt bis zum Priester, von Schülerinnen bis hin zum Liebespaar. Warum haben Sie sich für diese Erzählweise entschieden? Und wie war die Arbeit am Roman für Sie verglichen mit der an Ihren letzten beiden Romanen Ich bleibe hier und Wenn ich wiederkomme?
In meinen Büchern – und das gilt übrigens auch für meinen nächsten Roman – habe ich mich immer mit Frauen und Männern beschäftigt, die in schwierigen historischen oder sozialen Situationen leben, in der öffentlichen Debatte jedoch kaum vorkommen. Oft handelt es sich um Individuen, die zwischen die Mühlsteine der Geschichte geraten sind. Im Unterschied dazu versuche ich in meinem aktuellen Buch, der Einsamkeit und den Sehnsüchten von Menschen wie du und ich auf den Grund zu gehen: Menschen, deren Leben auf den ersten Blick funktioniert, die aber ihren Liebsten schon lange nicht mehr mitteilen, was sie sich wünschen, was ihnen zum Glücklichsein fehlt. Jede Figur sieht nur die eigene Perspektive und beklagt sich über den anderen, der wiederum wenig überraschend seine eigene Sicht auf die Dinge hat und damit bestätigt: Die eine Wahrheit gibt es nicht. Es ist ein buntes, bittersüßes Buch.

Haben Sie eine Lieblingsfigur aus dem Café Royal?
Ja: Beatrice. Sie ist eine junge Frau, deren Vater ein schillernder und schwer fassbarer, aber auch sehr lustiger und faszinierender Charakter war. Seit dieser nicht mehr da ist, wünscht sie sich einen Freund, der genauso ist wie er. Diese Geschichte atmet den Geist des ganzen Buches: herb, aber auch heiter.

Der Handlungsort ist die Mailänder Via Marghera. Haben Sie einen speziellen Bezug hierzu?
Mailand ist meine Stadt, viele meiner Bücher spielen hier ganz oder zum Teil, auch Das Leben wartet nicht und Wenn ich wiederkomme. Orte sind nicht nur Kulisse, sie haben Einfluss auf die Art, wie wir miteinander in Beziehung treten und die anderen sehen. Die Via Marghera war früher ruhig und gesetzt, heute ist sie eine wuselige City-Straße voller Geschäfte. Alle Figuren aus Café Royal leben hier, aber sie sind derart von Job, Verpflichtungen und Alltäglichkeiten in Beschlag genommen, dass sie noch nie innegehalten haben, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Bis sie sich eines Tages im Café Royal begegnen, der Bar in der Straße.

Das Buch spielt während der Pandemie, als sich das Leben erst ganz langsam wieder nach Draußen verlagert. Wie erinnern Sie sich an diese Zeit?
Während der Pandemie hatten wir mehr Zeit, um in den Spiegel zu schauen und uns wichtige existenzielle, manchmal unbequeme Fragen zu stellen: Ist dies das Leben, das ich mir erträumt habe? Wollte ich wirklich diesen Job machen, in dieser Wohnung leben, diese Familie gründen? Finde ich mich in dem Leben wieder, das ich mir aufgebaut habe? Es ist, als müssten die Figuren, als sie nach dem Ende der Pandemie wieder an einem Tischchen in der Bar sitzen, unbedingt ein Geheimnis preisgeben, diese Gedanken aussprechen. Mir ist es auch so ergangen, deshalb wollte ich, dass man bei der Lektüre die Freude und die Unsicherheit spürt, mit der wir das Leben wiederaufgenommen haben, das uns genommen worden war.

Ein Interview mit Marco Balzano von Stephanie Uhlig, Juli 2024
aus dem Italienischen von Peter Klöss
© by Diogenes Verlag AG, Zürich

Café Royal
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Café Royal

Aus dem Italienischen von Peter Klöss
Mailand im Sommer 2020: Die sonst so lebendige Via Marghera wirkt wie ausgestorben. Nur das Café Royal ist geöffnet. Man trifft sich vorsichtig, auf Abstand – und ist doch so froh, dass menschliche Begegnungen wieder möglich sind. Auch der Schriftsteller Michele hebt den Blick vom Bildschirm, verlässt das Haus und findet Gesellschaft, die seine Fantasie entfacht. Langsam kehrt wieder Leben in das Café Royal ein. Und in die Menschen, die es besuchen.

Hardcover Leinen
192 Seiten
erschienen am 21. August 2024

978-3-257-07302-7
€ (D) 24.00 / sFr 32.00* / € (A) 24.70
* unverb. Preisempfehlung
Auch erhältlich als

Marco Balzano, geboren 1978 in Mailand, ist zurzeit einer der erfolgreichsten italienischen Autoren. Er schreibt, seit er denken kann: Gedichte und Essays, Erzählungen und Romane. Mit seinem Roman Das Leben wartet nicht gewann er den Premio Campiello. Mit Ich bleibe hier war er nominiert für den Premio Strega, in Italien und im deutschsprachigen Raum war das Buch ein großer Bestseller. Er lebt mit seiner Familie in Mailand.