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Mit Brunetti durch Venedig – Der Stadtplan zu Donna Leons Roman ›Feuerprobe‹

Für Commissario Brunettis dreiunddreißigsten Fall reisen wir mit Donna Leon erneut ins malerische Venedig. Die beliebte Lagunenstadt hat auch abseits von träumerischen Gondelfahrten durch die Kanäle viel zu bieten. Fans von Donna Leon sollten unbedingt die Gelegenheit nutzen, um auf den Spuren von Commissario Guido Brunetti zu wandeln. Der digitale Venedig-Stadtplan führt jetzt auch zu allen Schauplätzen des neuen Romans Feuerprobe

Besuchen Sie die berühmte Rialtobrücke, die Commissario Brunetti täglich überquert, und die einen unvergesslichen Ausblick auf den Canal Grande bietet. Lassen Sie sich ein Ausflug zur charmanten Insel Giudecca nicht entgehen. Vielleicht statten Sie auch dem berühmten Polizeipräsidium, der ›Questura‹, einen Besuch ab.

Diese und viele weitere Schauplätze aus den Brunetti-Krimis finden Sie jetzt in der digitalen Venedig-Karte. Erkunden Sie Brunettis Venedig gleich hier.

Foto: Freepik

Leseprobe

Schon kurz nach Erscheinen stand Feuerprobe auf Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste. Lesen Sie hier rein in den neuen Fall für Commissario Brunetti.

Meist ließen die Beiträge auf Instagram keine Rückschlüsse auf die Zahl der Beteiligten oder einen bestimmten Treffpunkt zu, doch heute Abend hatten sie sich auf die Fondamenta della Misericordia geeinigt  – da beschwerte sich jemand aus Castello, das sei ihm zu weit, warum nicht lieber Santa Giustina? Ein anderer meinte, das lohne den Aufwand nicht, warum nicht gleich die Piazzetta dei Leoncini? Die sei näher, und was sie dort veranstalteten, bliebe nicht unbemerkt.
Keine zehn Minuten später stürmten zwei Babygangs auf die Piazzetta, die eine aus der Calle de la Canonica, die andere vom Uhrturm her. Schon prallten sie aufeinander, lautlos bis auf ab und an ein Stöhnen und das Geräusch, das eine Faust macht, wenn sie auf eine Schulter prallt oder gegen einen Kopf. Rasch verschmolzen die Jungen zu einem Knäuel aus Körperteilen, stürzten, sanken auf die Knie, wurden umgestoßen, kamen wieder hoch, landeten einen Treffer auf einem Nacken und schlugen, wenn ihnen der Boden unter den Füßen weggeschlagen wurde, der Länge nach aufs Pflaster.
Eine Gang war größer als gewöhnlich: Aufnahmen von Überwachungskameras zeigten zwölf Personen, davon sechs Unbekannte. Die zweite Gang bestand aus zehn Jungen, von denen einer mit einer Eisenstange ein Schaufenster eingeschlagen hatte, um sich jetzt zusammen mit zwei anderen die Taschen mit Brillengestellen vollzustopfen.
Pech nur, dass das Hin und Her über den Treffpunkt und den besten Weg dorthin sowie die prahlerischen Posts, die sie absetzten, so viel Zeit gekostet hatten, dass die Gangs gerade beim Schichtwechsel der Polizei auf der Piazza San Marco eintrafen. So hörte eine doppelte Mannschaft in der Wache neben dem Caffè Florian die Rufe aus Richtung Basilica, und fünf Polizisten stürmten auf die Piazza, um zu sehen, was los war.
Hinzu kam, dass zwei weitere Polizisten – auf Sonderstreife von elf Uhr abends bis fünf Uhr morgens, eine Maßnahme, die nachts für Sicherheit in der Stadt sorgen sollte – in dem Moment die Piazza überquerten. Die Jungen – viele ohnedies bereits zu der schmerzlichen Erkenntnis gelangt, dass die ausgeteilten und eingesteckten Schläge kein Vergleich waren zu einer Partie Basketball – sahen sich plötzlich wehrlos sieben Ordnungshütern gegenüber.
Beim Anblick der mit Schlagstöcken und Pistolen im Gürtel bewaffneten Polizisten wich ihr Kampfgeist kaltem Angstschweiß. Obwohl zahlenmäßig eigentlich in der Übermacht, platzte die Seifenblase ihres Heldenmuts angesichts der Waffen der Polizisten. Der Jüngste machte sich in die Hose, ein anderer verbarg das Gesicht in den Händen, ein Dritter hockte sich auf einen Stapel passarelle, die für das nächste acqua alta bereitlagen. Den Polizisten entging nicht, welchen Schreck sie den Jungen einjagten, und so setzten sie eine strenge Miene auf und trieben die Knaben wie Cowboys ihre Herde mit knappen Kommandos zur Wache. Wobei zwei der Jungen statt der Kuhfladen eine Spur aus eilig abgeworfenen Brillengestellen hinterließen.
Macaluso, der Sergente, der das Geschehen von der Eingangstreppe der Wache aus verfolgt hatte, ging hinein, nahm einen Packen Formulare aus der Schreibtischschublade und legte ein Dutzend Stifte bereit.
Als die ersten Jungen eintrafen, zeigte er darauf: »Nehmt jeder ein Blatt und einen Stift, füllt alles aus und gebt es mir, wenn ihr fertig seid.«
Der kleinste Junge meldete sich: »Bitte, Signore, darf ich telefonieren?« Er war den Tränen nah. Doch der Polizist, der selbst drei Kinder hatte, stand auf und brüllte »Silenzio« und erklärte, als Ruhe eingekehrt war: »Nein, du darfst jetzt nicht telefonieren. Erst wird das Formular ausgefüllt. Dann steht jedem von euch ein Anruf zu.« Ein Junge in der hinteren Reihe nahm sein Handy aus der Tasche und begann zu tippen.

Foto: Freepik

»Andolfatto, nimm ihm das Handy ab«, befahl der Sergente, und der Polizist entriss es dem Jungen, bevor er es wegstecken konnte.
»Das ist mein …«, weiter kam er nicht, denn sein Gegenüber bedachte ihn mit einem so eisigen Blick, dass dem Jungen die Worte im Mund gefroren. Andolfatto warf das Handy lässig vorne auf den Schreibtisch.
Ein anderer Junge versuchte hinter vorgehaltener Hand eine Botschaft einzutippen, doch das Display seines Handys spiegelte sich in der Brille seines Nachbarn. Der Sergente sah das Flackern und stand auf. Das Handy verschwand. Macaluso griff nach dem Papierkorb neben seinem Tisch und kippte den Inhalt auf den Boden. Zerrissene Formulare, gebrauchte Kleenex, drei oder vier zerknüllte Stadtpläne von Venedig und sechs oder sieben Kaffeebecher aus Pappe. Nach einem prüfenden Blick in den Korb baute sich der Sergente vor den Jungen auf.
»Alle mal herhören. Zwei von euch haben Mist gebaut. Jetzt müsst ihr alle dafür büßen.« Er drückte dem erstbesten Jungen den Papierkorb in die Arme. »Euer Freund sammelt hier hinein eure Handys ein.« Lautes Stöhnen ertönte, dann ein entrüstetes »Aber …«
Wie eine Schlange zischte der Sergente auf einen etwa Fünfzehnjährigen zu, der größer und deutlich kräftiger gebaut war als er. »Wolltest du was sagen, Kleiner?«, fragte er tonlos. »Kannst es wohl nicht erwarten, Mama und Papa anzurufen, wie? Ihr werdet das von meinem Telefon aus tun müssen, einer nach dem anderen.« Und zum Rest der Jungen: »Wenn euch das nicht passt, beschwert euch bei euren Kollegen.«
Damit ging er hinter seinen Schreibtisch zurück.
Als der Junge mit dem Papierkorb die Runde gemacht hatte, nahm er unaufgefordert sein eigenes Handy aus der Jackentasche und legte es vorsichtig zu den anderen.
»Sind das alle?«, fragte der Sergente.
»Ja, Signore.«
»Wie viele?«
»Zweiundzwanzig, Signore«, sagte der Junge und senkte den Kopf. Leiser fügte er hinzu: »Galvani hatte zwei.« Der Sergente musterte den Jungen und bemerkte erst jetzt dessen Furcht, sich Vorwürfe einzuhandeln.
Er beugte sich über den Schreibtisch und flüsterte grinsend, sodass nur der Junge es hören konnte: »Meinst du, er ist schizophren?« Als der andere nicht reagierte, fügte er hinzu: »Weil er zwei Telefone braucht?«
Der Junge verstand nicht gleich, dann aber unterdrückte er ein Lächeln und sagte: »Ja, Signore.«
Von hinten meldete sich eine Stimme: »Signore?«
»Ja?«
»Gibt es hier eine Toilette?«
Ein paar Jungen kicherten.
»Und wenn ich euch sage«, erwiderte der Sergente, »die ist für alle außer Betrieb, die herumgegackert haben, und dass es noch einige Stunden dauern wird, bis man euch hier abholt – vergeht euch dann das Lachen?«
Er wandte sich dem Jungen zu, der die Frage gestellt hatte: »Am Ende des Flurs, rechts.«
Macaluso sammelte die ausgefüllten Formulare ein, sortierte sie alphabetisch und begann mit den Anrufen; er stellte sich jeweils mit Rang und Namen vor, erklärte, der Sohn sei in Polizeigewahrsam und müsse in der Wache an der Piazza San Marco abgeholt werden. Einige Eltern reagierten entsetzt, andere wütend, wiederum andere erschrocken; einige protestierten, aber da Macaluso keine weiteren Auskünfte gab, erklärten sich alle schließlich bereit zu kommen. Mittlerweile hatten die Jungen sämtliche Stühle besetzt, etliche lagerten auf dem Boden. Nachdem Macaluso die Eltern angerufen hatte – nur einmal nahm niemand ab –, rief der Sergente in der Questura an und bat, den Commissario mit Nachtdienst zu kontaktieren, dann trug er Vornamen, Nachnamen, Geburtsdatum und Adresse der Jungen in den Computer ein.
Commissario Claudia Griffoni, Diensthabende in dieser Nacht, traf elf Minuten vor zwei in der Wache ein. Sie trug eine beige Hose, Sneaker, eine beige Wildlederjacke und ei­nen roten Kaschmirschal. Der Sergente stand auf, als sie eintrat, salutierte aber nicht. »Das hier sind die Mitglieder der Gangs«, sagte er knapp. »Sie waren auf der Piazzetta.«

(Auszug Seite 9 bis 14)

Feuerprobe
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Feuerprobe

Commissario Brunettis dreiunddreißigster Fall
Aus dem amerikanischen Englisch von Werner Schmitz

Scherben auf der Piazza San Marco. Zwei Kinderbanden sind aneinandergeraten, mitten in der Nacht. Während Commissario Griffoni mit weiblichem Gespür herauszubekommen versucht, wie ein Teenager in den Sog eines Flashmobs geraten konnte, nutzt Brunetti seine eigenen Connections. Ja sogar Vice-Questore Patta ist zu allem bereit, um sich und seine Leute vor Vorkommnissen zu schützen, die zumal in einer Touristenstadt wie Venedig nicht willkommen sind.


Hardcover Leinen
336 Seiten
erschienen am 29. Mai 2024

978-3-257-07283-9
€ (D) 26.00 / sFr 35.00* / € (A) 26.80
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Auch erhältlich als
Foto: © Regine Mosimann / Diogenes Verlag

Donna Leon, geboren 1942 in New Jersey, arbeitete als Reiseleiterin in Rom und als Werbetexterin in London sowie als Lehrerin und Dozentin im Iran, in China und Saudi-Arabien. Die Brunetti-Romane machten sie weltberühmt. Donna Leon lebte viele Jahre in Italien und wohnt heute in der Schweiz. In Venedig ist sie nach wie vor häufig zu Gast.