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»Jeder lebt für sich allein und denkt an sein eigenes Wohlergehen.« Petros Markaris trifft auf seinen Kommissar Kostas Charitos

Kommissar Kostas Charitos ist nicht zu bremsen. Nächste Woche erscheint mit Offshore bereits der zehnte Fall des brummligen Athener Ermittlers. Anlässlich dieses Jubiläums trifft ihn sein Schöpfer, Autor Petros Markaris, zu einem fiktiven Gespräch.

Herr Kommissar, soeben haben Sie Ihren zehnten Fall gelöst. Wie kommt es, dass Sie so erfolgreich sind?

Was Sie Erfolg nennen, ist vielleicht der Grund dafür, dass ich in der Athener Mordkommission sitzengeblieben bin. Ich bin schon sehr lange Chef der Mordkommission, und ich glaube nicht, dass ich bis zu meinem Ruhestand noch aufsteigen werde. Das ist nicht unbedingt ein Nachteil, denn ich wäre von einem Neubeginn mit seinen Schwierigkeiten nicht besonders begeistert. Ich habe mich mit der Mordkommission arrangiert, und das ist mit meiner griechischen Mentalität leicht vereinbar.

Wie ist Ihr derzeitiges Verhältnis zu Ihren Arbeitskollegen – Ihren Assistenten und Vorgesetzten?

Das war in der letzten Zeit angespannt. Ich bin in einem armen Land, in einer der ärmsten Gegenden Griechenlands und in einer armen Familie geboren und aufgewachsen. Die Beziehungen dort waren aber sehr eng und freundschaftlich. Solidarität war Teil des Alltags, sonst hätte keiner überleben können. Der plötzliche Reichtum hat diese Beziehungen zerstört. Jetzt lebt jeder für sich allein und denkt an sein eigenes Wohlergehen. Das ist auch mit meinen jüngeren Arbeitskollegen nicht anders.

Der 80-jährige Petros Markaris wurde in Istanbul geboren und lebt heute in Athen. Foto: © Regine Mosimann / Diogenes Verlag

Was ärgert Sie am meisten in Ihrem Alltag?

Meine Vorgesetzten, wenn sie mir Schranken setzen und wenn sie meine Recherchen der Zustimmung der Politiker unterwerfen.

Und was sorgt bei Ihnen für gute Laune?

Die Ermittlungen, wenn sie glattlaufen, und die Gespräche mit meinem alten Freund Lambros Sissis. Manchmal wundere ich mich, auch nach so vielen Jahren, wie zwei so verschiedene Menschen wie wir – er, der Altkommunist, und ich, der Polizist – sich so gut verstehen können. Dazu kommen noch die Abende zu Hause mit meiner Familie. Am nächsten Morgen wache ich immer gutgelaunt auf, in der Regel aber ist es mit meiner guten Laune vorbei, sobald ich bei der Arbeit bin.

Und dürfen wir auch eine private Frage stellen: Können Sie uns ein wenig aus Ihrem Familienleben erzählen? Wie geht es Ihrer Frau? Wie Ihrer Tochter?

Was gibt es da zu erzählen? Ich habe ein einfaches und ruhiges Familienleben, wenn man mal von den spitzen Bemerkungen meiner Frau absieht, die vor allem mich betreffen. Ich bin sehr stolz auf meine Frau, trotz ihrer spitzen Bemerkungen. Ich wundere mich, wie sie es geschafft hat, während der Krise nicht nur unseren Haushalt, sondern auch den Haushalt unserer Tochter durchzubringen. Ich weiß, heute betrachtet man Hausfrauen fast abschätzig. Aber in den ärmlichen Verhältnissen, in denen wir aufgewachsen sind, waren Hausfrauen und Mütter das Rückgrat der Familie.

Es freut mich auch sehr, dass meine Tochter es geschafft hat, ihren Beruf als Rechtsanwältin mit ihren Werten in Einklang zu bringen. Sie hat einen wunderbaren Mann geheiratet, der noch dazu ein sehr guter Arzt ist. Ich weiß es aus persönlicher Erfahrung. Ich war sein Patient.

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Haben Sie nie den Wunsch, in den Ruhestand zu treten?

Wissen Sie, ich habe einen guten Freund, der Kriminalromane schreibt, und der versucht mit allen Mitteln, mich davon abzuhalten.

 

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Offshore. Ein Fall für Kostas Charitos, aus dem Neugriechischen übersetzt von Michaela Prinzinger, erscheint am 23.8.2017. Auch als ebook.

Petros Markaris, geboren 1937 in Istanbul, ist Verfasser von Theaterstücken und Schöpfer einer Fernsehserie, er war Co-Autor von Theo Angelopoulos und hat deutsche Dramatiker wie Brecht und Goethe ins Griechische übertragen. Mit dem Schreiben von Kriminalromanen begann er erst Mitte der neunziger Jahre und wurde damit international erfolgreich. Er hat zahlreiche europäische Preise gewonnen, darunter den ›Pepe-Carvalho-Preis‹ sowie die ›Goethe-Medaille‹. Petros Markaris lebt in Athen.

Ronald Schulze

Sehr geehrter Herr Markaris. Leider bin ich erst in diesem Jahr auf Ihre Romane aufmerksam gemacht worden. Oder soll ich sagen: Gottseidank! Innerhalb von zwei Monaten habe ich alle Ihre Romane "verschlungen" Ich freue mich jetzt auf "Offshore" Aber was ist mit der Zeit danach?
Passen Sie schön auf sich auf (oder muss ich diese Bitte an Ihre Frau richten?) Ich bin ein Egoist, denn ich möchte noch viele Romane von Ihnen lesen. Die Art, wie Sie schreiben, hat mir die Mentalität und das Alltagsleben der griechischen Bevölkerung doch sehr viel näher gebracht als es das Fernsehen vermochte! Ein besondere Dank geht aber auch an Frau Prinzinger, die ein Gespür dafür hat zu erkennen, was Herr Markaris meint und ausdrücken möchte. Ein tolles Team!
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Diogenes Blog-Team

Sehr geehrter Herr Schulze,
besten Dank für Ihre freundlichen Zeilen und die lobenden Worte. Wir werden Ihre Nachricht Petros Markaris sehr gerne weiterleiten.
Beste Grüße, Ihr Diogenes Blog-Team
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