Filter

  • Neuste Beiträge
  • Archiv
  • Monat
  • Foto/ Video/ Audio

Aus der Diogenes Verlagschronik: Der »Klub der Bibliomanen«

Der »Klub der Bibliomanen« existiert schon lange nicht mehr, und von der Rämistrasse ist der Diogenes Verlag bereits in den 70er Jahren weggezogen. Dennoch erreichte uns im Februar dieses Jahres folgende Post. Ein kleines Wunder, das wir wohl einem besonders findigen und belesenen Postboten zu verdanken haben!

Es ist dies ein besonderes Fundstück, das weit in die Geschichte des Diogenes Verlages zurückweist: »Klub der Bibliomanen« nannte sich eine eigene Reihe für die Kunst der Karikatur, in der zwischen 1965 und 1979 genau 81 Bücher in den verschiedensten Ausstattungen erschienen. Die vorgedruckte Antwortkarte im Umschlag entstammt dem Buch Das Ungeheuer von Loch Ness von Luis Murschetz, erschienen 1973. Damit ließ sich eine Mitgliedschaft im »Klub« beantragen, in dem man unter anderem laufend über Neuerscheinungen informiert wurde.

In der zum 50. Verlagsjubiläum publizierten Diogenes Chronik ist über den Klub folgendes nachzulesen:

Hier werden keine neuen Autoren gesucht, sondern Zeichner in ein neues Licht gesetzt. Karikatur als Kunst, Kunst als Karikatur – das ist das heimliche Motto des Klubs der Bibliomanen. Das offizielle Motto lautet ›In hoc signo vinces‹, und in den Satzungen des Klubs heißt es nicht weniger pompös: »Im Klub der Bibliomanen erscheinen Meisterwerke internationaler Grafik und kostbare Kuriositäten in bibliophilen Ausgaben. Die Mitglieder sehen im sublimierten Anspruch an ›Das Buch‹ eine kulturelle Verpflichtung. Als Kenner exquisiter Zeichenkunst räumen sie den Büchern aus dem Klub der Bibliomanen einen Ehrenplatz in ihrer Bibliothek ein.« Hinter diesen hochtrabenden Ansprüchen steckt eine handfeste Absicht: Der Hauch von Exklusivität soll helfen, für die ausgefallenen, schwer verkäuflichen und in der Produktion oft teuren Grafikbände Käufer zu gewinnen. Die Mitglieder des Klubs werden mit regelmäßigen Informationen vorab hofiert, und ausgesuchte ›Hofbuchhandlungen‹ halten alle lieferbaren Titel der Reihe am Lager.

 

Als erstes Werk im Klub der Bibliomanen erscheint Ein Totentanz, eine kostbare Neuausgabe der Blätter mit dem Tod von Alfred Kubin, die der 1918 bei Bruno Cassirer erschienenen Ausgabe folgt.

Im Mittelpunkt stehen aber Bücher der Hauszeichner Paul FloraTomi Ungerer, Sempé, Roland Topor und Edward Gorey, von denen Erstausgaben und Portfolios erscheinen. Im zehnten Jahr seines Bestehens hat der Klub über viertausend Mitglieder, doch die Portokosten für die Mitgliedermitteilungen sind hoch, die Auflagen der Bücher klein, die Verkaufszahlen ebenfalls. Die Reihe ist ein Luxus, den der Verlag sich und seinen Zeichnern gönnt – und den wenigen Fans. Ab und zu wird der Luxus auf die Spitze getrieben: Von ausgesuchten Bänden gibt es Vorzugsausgaben in Kleinstauflagen, in Halbpergament mit Goldprägung, in Halb- oder Ganzleder, mit beigelegter Originalzeichnung oder Lithographie oder einfach nur nummeriert und signiert. 

Georges Simenon wird zum Ehrenmitglied des Klubs ernannt und bedankt sich dafür mit dem schönen Kompliment: »Ihre Arbeit ist vortrefflich, und ich schätze den Humor der Bücher, besonders den schwarzen; er ist das Gegengift zur aktuellen Hirnverstopfung. Und weil er mit so viel Geschmack und Sorgfalt behandelt wird, umso mehr.« Einige Ausgaben lobt er ganz besonders, etwa die Bücher von Roland Topor oder Tomi Ungerers Babylon, und in einem Brief vom September 1979 bescheinigt er Daniel Keel: »Sie haben die Gabe, außergewöhnliche Zeichner aufzuspüren.«

Bis 1979 zählt die ›Kollektion zeitgenössischer satirischer Grafik‹ 67 Titel. »Es hat sich längst herumgesprochen: Der Klub der Bibliomanen ist eine jener wenigen trefflichen Vereinigungen, die sich zum Ziel gesetzt haben, delikate Illustrier-Kunst zu fördern und zu verbreiten. Wahrscheinlich nicht zu übertreffen« (Die Weltwoche). 1979 entlässt der Klub seine Mitglieder. Es erscheint natürlich weiterhin Grafik bei Diogenes, doch fehlt darin die Reihenbezeichnung »Klub der Bibliomanen«.