Eine rasante Tragikomödie über die Suche nach Liebe und Sicherheit –

halsbrecherisch, intelligent, paranoid, selbstironisch und voller Humor.

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Micha Lewinsky
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Sobald wir angekommen sind

Ben Oppenheim balanciert zwischen Ex-Frau, zwei Kindern und seiner Liebe zu Julia. Er hat Rückenschmerzen und Geldsorgen, aber was ihn wirklich ängstigt, ist der Krieg in Osteuropa. Getrieben vom jüdischen Fluchtinstinkt steigt er eines Morgens kurzerhand in ein Flugzeug nach Brasilien. Mitsamt Ex-Frau und Kindern, aber ohne Julia. Im Krisenmodus läuft Ben zur Hochform auf. Nur der Atomkrieg lässt auf sich warten. Ben dämmert, dass er sich ändern muss, wenn sich etwas ändern soll.


Hardcover Leinen
288 Seiten
erschienen am 24. Juli 2024

978-3-257-07315-7
€ (D) 25.00 / sFr 34.00* / € (A) 25.70
* unverb. Preisempfehlung

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eBook
288 Seiten (Printausgabe)
erschienen am 24. Juli 2024

978-3-257-61531-9
€ (D) 21.99 / sFr 28.00* / € (A) 21.99
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Hörbuch-Download
6 Std. 41 Min.
erschienen am 24. Juli 2024

978-3-257-69584-7
€ (D) 10.95 / sFr 14.00* / € (A) 10.95
* unverb. Preisempfehlung

Reinlesen

 

Dann kam der Arzt, auf den sie gewartet hatten.

»Er kommt gleich wieder«, sagte Ben.

»Gut«, sagte der Arzt. »Gut, gut.« Er stellte sich ans Ge­länder, wippte auf den Zehenspitzen und atmete mehrmals hörbar durch die Nase ein und stoßweise durch den Mund wieder aus.

»Anstrengender Tag«, sagte Ben, um die Stille nicht allzu unangenehm werden zu lassen. Und um eine Verbindung herzustellen. Auch der Arzt sollte sich mal verstanden füh­len. Sie saßen im selben Boot.

»Und wie geht es Ihnen?«, fragte der Arzt.

»Ach«, sagte Ben.

Der Arzt drehte sich zu ihm um und sah ihn jetzt mit professioneller Empathie an. Wohlwollend, aber auch unbestechlich.

Das war’s dann wohl mit demselben Boot, dachte Ben. Ohne Not hatte er sich auf die Couch gelegt, und der Dok­tor blickte mit schmauchender Pfeife im Mund auf ihn herab. »Wir haben alle unser Kreuz zu tragen«, wollte Ben sagen, verkniff es sich aber im letzten Moment. Der Arzt hätte sofort gemerkt, dass sich hinter der Plattitüde eine tiefere Not verbarg, da war Ben sich sicher. Außerdem wäre das Kreuz womöglich eine kulturelle Aneignung gewesen. Ben hatte ja auch keine Hostien zu schlucken. Das Juden­tum, die Weltreligion des Jammerns, musste doch eine eigene Redewendung bereithalten, um die Last auf seinen Schultern zu beschreiben. Fast war Ben versucht, die Hand­flächen nach oben zu drehen und nach Art seiner Vorväter »Nu« zu seufzen. Ein einziges »Nu« konnte alles Leid der Welt beschreiben, vom Auszug aus Ägypten bis zur Shoa. Aber um dieses »Nu« zu verstehen, brauchte es einen zwei­ten Juden als Gegenüber.

Die Frage hing noch immer unbeantwortet im Raum.

»Und wie geht es Ihnen?«

Der Arzt am Geländer schien nun langsam etwas irritiert von Bens Wortfindungsschwierigkeiten.

Je länger die Pause andauerte, desto bedeutungsvoller musste die Antwort sein. Doch nur eine längere Erklärung hätte den Pegel von Bens Sorgenlast erfassen können. Er bekam Angst, nie mehr aus dem Kuckucksnest zu kom­ men, in das er sich so achtlos gesetzt hatte. Wenn er jetzt das Falsche sagte, und sei es nur die Wahrheit, dann konnte es ohne Weiteres passieren, dass der Arzt ein Burn­out er­ kannte. Oder eine andere Störung. So mancher Tumor wurde nur per Zufall beim Abtasten des Blinddarms ent­ deckt. Auch eine Geisteskrankheit konnte lange übersehen werden.

Ben fürchtete sich vor der Diagnose. War es denn wirk­lich ein Ausrutscher gewesen mit der Vespa am Vorabend? Oder eher ein Hilfeschrei? Ein freudscher Fahrfehler? Vielleicht befand er sich längst in einem Zustand der Selbstgefährdung. Und wäre die Ampel keine Ampel ge­ wesen, sondern eine Gruppe von Kindergartenkindern, dann hätte die Vespa auf ihrem Schleuderkurs womöglich Tote hinterlassen. Fremdgefährdung.

Wie es ihm ging? Eine hinterhältige Fangfrage. Ben sah schon, wie sich ein Pfleger mit Tranquilizern und Zwangsjacke auf ihn stürzen würde. Er durfte jetzt keine Unsicher­heit durchscheinen lassen und musste dem Arzt beweisen, dass er sein Leben im Griff hatte.

»Schausicht«, platzte es aus ihm heraus.

»Bitte?«

Schöne Aussicht, hatte Ben sagen wollen. Aber zu schnell, mit zu viel Druck.

»Entschuldigung, es ist gerade viel los«, versuchte er sich zu erklären.

Der Arzt machte einen Schritt auf Ben zu. Er fixierte ihn mit seinem Blick.

»Aber ich hab’s im Griff«, schwor Ben. »Nichts, was man nicht lösen könnte.« Er lachte hektisch und klang verrückt dabei.

Der Arzt kam noch näher. Wie eine Katze schlich er sich an. Dann streckte er die Hand aus. Ben reichte ihm wie ferngesteuert ebenfalls die Hand. Doch der Arzt hatte an­dere Pläne. Er griff nach dem Aschenbecher, in dem die letzte Wespe inzwischen gestorben war. Der Arzt hob den Aschenbecher hoch, ohne Ben dabei aus den Augen zu las­sen, dann setzte er ihn wieder ab.

»Jetzt dachte ich schon, Sie wollten mir das Ding über den Schädel hauen«, versuchte Ben einen Scherz. Der Arzt lachte nicht.

»Nein«, sagte er nur. »Nein, nein.«

Ben fühlte sich erst recht entblößt. Wie kam er auf die Idee, dass der Arzt ihn tätlich angreifen sollte? Es klang paranoid. »Sollte ein Witz sein«, sagte er verzweifelt.

»Ja«, sagte der Arzt. »Ja, ja.« Er nahm den Aschenbecher wieder hoch, hielt inne und setzte ihn wieder ab.

Die Wiederholung hatte eine merkwürdig beruhigende Wirkung. Ben vermutete eine Hypnosetechnik. Der Arzt schaute ihm noch immer in die Augen, vielleicht auch in die Seele. Er hielt ihn fest mit seinem Blick. Unmöglich hätte Ben sich abwenden können. Der Arzt nahm den Aschen­becher hoch, hielt inne und setzte ihn wieder ab. Und noch mal. Ben kapitulierte.

»Ich brauche Hilfe«, flüsterte er.

»Ja«, sagte der Arzt. »Ja, ja.«

Tränen traten Ben in die Augen. Es tat gut, das endlich auszusprechen. Nun lag die Verantwortung nicht mehr bei ihm. Der Arzt musste entscheiden, was mit Ben passieren sollte. Er hatte keinen Einfluss mehr.

Joachim kam zurück auf die Terrasse und zündete sich eine neue Zigarette an. Er hielt das offene Päckchen auch Ben und dem Arzt hin. Aber der Arzt hatte keine Hand frei für eine Zigarette. Er musste den Aschenbecher hochheben, innehalten und wieder absetzen.

»Ist er noch nicht gekommen?«, fragte Joachim.

»Wer?«

»Der Arzt.«

»Nein«, sagte der Patient, den Ben für einen Arzt gehal­ten hatte. »Nein, nein.«

Ben wusste nicht, ob er erleichtert sein sollte oder ent­täuscht.


Foto: © Doris Fanconi
Foto: © Doris Fanconi

Micha Lewinsky

Micha Lewinsky, geboren 1972 in Kassel, ist Drehbuchautor und Filmregisseur, u. a. von ›Der Freund‹ (Schweizer Filmpreis), ›Die Standesbeamtin‹ und ›Moskau einfach!‹. Für Kinder hat er das Buch ›Holly im Himmel‹ geschrieben. Zurzeit arbeitet Micha Lewinsky an einem neuen Kinofilm.


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