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Sara und Simón
Eine endlose Geschichte
Nach dem Sturz der uruguayischen Militärdiktatur, nach Gefängnis und Folter, macht sich Sara auf die Suche nach ihrem verschwundenen Sohn. Doch als sie ihn nach zehn Jahren endlich gefunden zu haben glaubt, setzt die wirkliche Tragödie ein: Sara gerät in einen Teufelskreis der totalen Verweigerung. Präzises, einfühlsames Protokoll einer Frau im Kampf gegen alle und die bewegende Geschichte eines großen Verlustes.
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Am 20. August 1976, zur Zeit der Militärdiktatur, meldete die uruguayische Tageszeitung ›El Día‹: »In Montevideo wurde gestern Abend ein etwa zwei Monate altes Baby gefunden, das von seiner entarteten Mutter, die bis jetzt nicht ausgeforscht werden konnte, zurückgelassen worden ist. Der Minderjährige wurde auf Verfügung des zuständigen Richters ins städtische Waisenhaus eingeliefert.«
Hackl verknüpft diesen Fund mit der Geschichte einer jungen Frau namens Sara Méndez, die 1973 aus Uruguay flieht und in Argentinien den Kampf gegen das Regime fortsetzt. Im Juni 1976 bringt sie in Buenos Aires ein Kind zur Welt. Zwanzig Tage nach der Geburt wird sie von einem Kommando des Geheimdienstes verschleppt. Ihren Sohn Simón muss sie zurücklassen – einen von Tausenden ›Verschwundenen‹. Saras Bemühungen, den kleinen Simón wiederzufinden, bleiben lange Jahre erfolglos. Erst Mitte der achtziger Jahre stößt sie auf die Spur eines ausgesetzten Jungen, der wahrscheinlich ihr Kind ist. Ihrem Verlangen, Gewissheit zu bekommen, widersetzen sich alle anderen betroffenen Parteien: die Justiz des Landes, die Adoptiveltern des Jungen und der Junge selbst.
Hackl erzählt diesen genau recherchierten Fall in einer klaren, poetischen Sprache. Er nennt Opfer wie Täter bei ihren Namen. Er leugnet nicht seine Anteilnahme, ergreift Partei. Dennoch weist diese bewegende Geschichte über den Einzelfall hinaus. Ihr Autor erinnert an eine ganze Generation junger Frauen und Männer, die vor zwei Jahrzehnten die Welt verändern wollten. Er fragt, leise, was aus ihren und was aus unseren Träumen geworden ist. Was dem Einzelnen beim Versuch widerfährt, Gerechtigkeit für alle zu erreichen. Vor allem aber erinnert uns dieser Erzähler an die Fähigkeit der Menschen, ihre Würde zu bewahren und ihre Erfahrungen anzuvertrauen.